Austrovinyl Blog
News, Meinung und Expertise rund um Vinyl – vom Austrovinyl-Team
Johann Fauster, Johann Koller und Peter Wendler.
News, Meinung und Expertise rund um Vinyl – vom Austrovinyl-Team
Johann Fauster, Johann Koller und Peter Wendler.
Seit diesem Jahr und seinen Corona-Einschränkungen ist auch die Forderung, regional zu produzieren, lauter geworden. Bei Austrovinyl läuft die gesamte Produktion in ein und demselben Haus. In dieser ganzheitlichen Betreuung unserer KundInnen strecken wir unsere Fühler aber in einen globalen Markt aus. Warum wir »lokal« und »regional« als Konzept gerade jetzt neu denken sollten.
Für mich sind die Begriffe »regional« und »lokal« generell zu hinterfragen. Was bedeuten diese Kategorien in der jetzigen Zeit überhaupt? Dein Ort, deine Stadt, dein Bundesland, dein Staat oder Europa?
Wir können regional/lokal nicht definieren.
Wenn wir bei Austrovinyl diesen regionalen/lokalen Gedanken durchgezogen hätten, würde es uns nicht geben. Wir hätten keine Maschinen, wir hätten kein Granulat, keine Labels, keine Covers.
Austrovinyl – und auch unsere KundInnen, KünstlerInnen, Labels – müssen überregional und überlokal denken. Der lokale Gedanke ist eine Einschränkung, sich weiterzuentwickeln. Wir müssen unbedingt über den Tellerrand blicken und dürfen uns nicht einigeln.
Unsere KundInnen sind in ganz Europa angesiedelt. Wir sind international aufgestellt und das ist gut so – aber natürlich liegt der Fokus auf Österreich. Außerdem ist zu erwähnen, dass wir sehr gute Beziehungen nach Ungarn und Slowenien pflegen.
Unser Betrieb liegt in der Südoststeiermark, so liegt Ljubljana von uns aus näher als Wien. Durch unsere breite, überregionale Aufstellung sind wir bis dato sehr gut durch diese schwierige Zeit gekommen. Sei es, dass die KünstlerInnen mehr Zeit haben, um kreativ zu sein und neue Platten zu produzieren, oder dass der generelle Boom an Vinyl auch uns zugutekommt.
Wir müssen aber leider schon feststellen, dass unsere ungarischen NachbarInnen, die vor Covid zahlreiche Produktionen bei uns umgesetzt hatten, politische oder auch wirtschaftliche Probleme haben. Und für uns fällt Ungarn in die Kategorie »regional/lokal«, geographisch gesehen. Wo wir bei meinen Gedanken von anfangs angekommen wären.
Wir verstehen uns als wichtigen Beitrag für die österreichische Musiklandschaft und als eine Service- und Anlaufstelle für alle Musikschaffenden. Wenn einem das wichtig ist, dass es so etwas in Österreich gibt, sollte man auch auf dieses Angebot zurückgreifen. Somit unterstützt jede/r einzelne Kunde/Kundin unsere Tätigkeit, womit wir diesen Service und die lokale, regionale Nähe auch wieder langfristig gewährleisten können. Wir haben aber doch den Eindruck, dass wir schon sehr gut in der heimischen Szene wahrgenommen werden. Seit unserem Bestehen wächst unsere Auslastung stetig an.
Fazit zum Thema regionale Produktion: Wir alle müssen hinaus in die Welt und den Horizont erweitern. Kleines Denken ist zu wenig für morgen.
Kaum ein Medium ist in den letzten zwei Wochen am Aufsehen erregenden Brand bei Apollo Masters Discs in Camarillo, circa 80 Kilometer nordwestlich von Los Angeles, vorbeigekommen. Selbst für ORF Online war das einen Artikel und einen Eintrag wert. Das zeigt wiederum erneut das gestiegene Interesse an Vinyl-Schallplatten, einem Medium das viel Mythos mit sich trägt, aber nun seine Renaissance erlebt, und in der öffentlichen Rezeption wieder als Selbstverständlichkeit im Alltag wahrgenommen wird.
Apollo Masters Discs war einer von 2 Produzenten weltweit, die die sogenannten Lacquers, also Lackfolien als Basismaterial für den sogenannten Mastercut, herstellten. Bei diesem Mastercut wird die Musikinformation mittels einer speziellen, hochpräzise arbeitenden Schneidemaschine und deren speziellen Stichel in jene Lackfolien geschrieben. Diese Lackfolien sind im Prinzip Aluminium-Scheiben mit einem Durchmesser von 14″, die mit einem speziellen Lack überzogen sind.
Dieser Lack ist natürlich hochbrennbar, und damit war das Feuer in Tatsache natürlich katastrophal. Praktisch nichts mehr blieb von dem Betrieb übrig, und die ganze Werkshalle brannte bis auf die Grundmauer nieder. Somit sind sämtliche Produktionsanlagen betroffen, aber auch das gesamte Vormaterial-Lager und auch das Lager von den Fertigprodukten. Somit sind mit einem Schlag 50 Prozent der weltweiten Kapazität ausgefallen. Manche ExpertInnen in der Vinyl-Branche reden aufgrund des verheerenden Ausmaßes auch von Sabotage oder Brandlegung – bewiesen ist allerdings nichts in diese Richtung. Dennoch bietet dieses Unglück natürlich viel Platz für krude Verschwörungstheorien.
Dieser Schlag hat natürlich einen Rieseneinfluss vor allem auf die Vinyl-Industrie in Nordamerika, die ihre Folien praktisch zu 100 Prozent von Apollo bezogen haben. Diese Unternehmen werden nicht so schnell auf den einzig verbliebenen Ersatzanbieter, ein kleines Unternehmen in Japan, umstellen können, da zumindest auch bei diesem Hersteller die Kapazitäten begrenzt sind.
Wir als Austrovinyl sind nur indirekt betroffen. Austrovinyl hat die Lackfolien seit unserem Beginn vor circa zwei Jahren ausschließlich vom japanischen Lieferanten MDC bezogen. Zur Zeit sind wir gut mit Folien versorgt und auch die weitere Belieferung mit Lackfolien im bisherigen Rahmen ist bis auf weiteres sichergestellt. Ob es da zu weiteren Preissteigerungen im Ankauf kommen wird, ist bis jetzt noch nicht klar, aber durchaus gut vorstellbar.
Einige Unternehmen werden sicher versuchen, auf DMM-Schnitt umzustellen. Das heißt: Die Musikinformation wird nicht mehr in eine Lackfolie, sondern in eine hochsaubere, polierte Kupferscheibe geschnitten. Aus dieser Kupferscheibe werden in einem galvanischen Prozess dann wieder die Pressmatrizen aus Nickel gezogen. Dieses Verfahren wurde zu Beginn der 1980er-Jahre entwickelt, also knapp vor dem angesagten „Tod des Vinyls“. Somit hat auch dieses Verfahren seine Tücken, da weltweit nicht sehr viele Schneidemaschinen verfügbar sind, die dieses Verfahren umsetzen können. Und auch in der Galvanischen Abteilung muss hier teilweise mit problematischen Chemikalien hantiert werden. Also auch das ist nicht die einzige Lösung für die offenen Fragen der Vinyl-Industrie.
Andererseits werden natürlich durch das „Opportunity-Fenster“, das sich nun aufgetan hat, einige findige UnternehmerInnen aufkommen, die sich auf den Weg machen, um selbst Lackfolien herzustellen. Erste Gerüchte deuten auch schon in diese Richtung – in Frankreich und Italien soll es schon erste Versuche dazu geben. Aber auch Apollo wird nicht untätig bleiben und einen gut etablierten Markt sicher nicht so schnell aufgeben.
Auf jeden Fall bleibt es auch in den kommenden Wochen und Monate spannend, was sich am Vinyl-Markt tut. Wir von Austrovinyl haben bis auf weiteres vorgesorgt und sind mit Folien ausgestattet, sodass die Produktion wie gewohnt weiterlaufen kann. Wir halten euch auch mit den neuesten Entwicklungen im Rahmen unseres neuen Austrovinyl-Blogs am Laufenden.
Bis bald!
Peter von Austrovinyl